Hà Giang
- Madeleine Schauer
- 16. Apr. 2024
- 9 Min. Lesezeit
Tag 228 - Mit dem Motorrad auf dem Ha Giang Loop
Noch ein kleiner Nachtrag zum Vorabend: Abends haben wir uns gemeinsam mit anderen Reisenden im Hostel eingefunden, um dann mit dem Nachtbus nach Hà Giang zu fahren. Mit Kuscheldecke und Kissen haben wir die lange Fahrt in die Berge zum Glück einigermaßen verschlafen, bis wir dann um 2:30 Uhr aus dem Bus geschubst wurden. Im Hostel hat man uns aber schon erwartet, sodass wir ganz schnell in unsere Betten im Schlafsaal fallen konnten. :-)
Einigermaßen ausgeruht trotz der ungewöhnlichen Nacht haben wir dann morgens unsere Gruppe für die kommenden Tage kennengelernt. Wir sind nämlich nicht zum Wandern hergekommen, sondern um mit dem Motorrad den berühmten Hà Giang Loop zu erkunden. Tatsächlich hatten wir eine wirklich kleine Gruppe, da wir statt der üblichen drei- eine viertägige Tour machen wollten. Holly aus Kalifornien sollte unsere Reisebegleitung sein und das hat sofort gepasst! :-) Natürlich fahren wir aber nicht selbst, sondern haben drei einheimische Fahrer an unserer Seite: Eric, Chao und Nhân. Die Rucksäcke wurden hinten regengeschützt auf's Motorrad gebunden, wir haben Knie- und Ellenbogenschoner und den Helm bekommen und dann konnte es kurz vor 9:00 Uhr auch schon losgehen. Erstmal war es definitiv ungewohnt, mit einem Fremden auf dem Motorrad zu sitzen - aber wir haben schnell gemerkt, dass wir ein paar super nette und wirklich geübte Fahrer erwischt haben. :-)
Das Wetter präsentierte sich nicht von der besten Seite, sodass wir auf dem Weg zum Heaven Gate im dichten Nebel verschwunden sind und statt des schönen Ausblicks in eine Wolkenwand geschaut haben. Die heiße Schokolade, eine weitere Jacke und Plastik-Überzieher für die Schuhe waren auf jeden Fall nötig. ;-)
Ein richtig gutes Mittagessen gab's in einem Homestay: eine große Schüssel voll Reis, dazu viele kleine Beilagen wie Frühlingsrollen, grüne Bohnen, Tofu und frittierte Süßkartoffelbällchen. Und wir haben schnell den Vorteil unserer Mini-Gruppe gesehen: wir können gemeinsam mit unseren Fahrern essen, die großen Gruppen sitzen immer getrennt.
Richtig angezogen machte das Motorrad fahren dann auch gleich noch viel mehr Spaß und die Sicht wurde auch allmählich besser. Bei einem Fotostopp an einem Mini-Café lief zu unserer Überraschung schon wieder Modern Talking, ganz ganz merkwürdig... ;-) Das kleine Baby des Besitzers fand es aber scheinbar super lustig. :-)
Wir hatten ja so einen Spaß, gemeinsam über die kurvigen Bergstraßen zu düsen! :-) Die Landschaft wurde immer großartiger, das Wetter immer besser und das Vertrauen in unsere Fahrer immer größer. Auf dem Motorrad fühlen sich 44 km/h aber auch schon an wie "Huuuuuui!" ;-)
Bei einem kurzen Halt an einem lokalen Markt konnten wir zum ersten Mal so richtig die bunte Kleidung der verschiedenen ethnischen Minderheiten bewundern. Wir waren ja schon in Hôi An im Museum, aber die traditionellen Outfits live zu sehen ist nochmal viel spannender! :-)
Letzter Halt, um die müden Muskeln nochmal zu strecken, war am Hmong King Palace. Erbaut von einem Mann, der es in den Bergen mittels Opium-Handel zu Reichtum gebracht hatte - interessant anzusehen.
Nach 150 Kilometern sind wir dann recht erschöpft im Hostel angekommen, haben unser Zimmerchen bezogen und noch einen kleinen Spaziergang durch Đồng Văn gemacht.

Abends gab's als kleine Überraschung Hotpot, das wollten wir schon die ganze Zeit ausprobieren! Funktioniert wie ein Fondue, aber mit heißer Brühe und es wird einfach alles reingeschmissen, was man gerne essen möchte. Dazu gab's das berühmte Happy Water - ein Maisschnaps, der einfach zu den Bergen dazugehört. Den passenden Trinkspruch "Môt, Hai, Ba, Dzô", also "1, 2, 3, Cheers" haben wir jetzt auch drauf, den sollten wir in den kommenden Tagen noch öfter brauchen. ;-)
Draußen genossen auch die Fahrer ihren Feierabend und es gab traditionelle Spiele, kleine Wettkämpfe und eine super Stimmung! :-) Und es wäre nicht Vietnam, wenn nicht nebenbei ganz beiläufig ein Kühlschrank auf's Motorrad geschnallt werden würde - wie soll man ihn auch sonst transportieren? ;-)
Tag 229 - Auf nach China
Nachdem unsere Fahrer uns ein kleines Frühstück serviert hatten, sind wir zu sechst weiter in den hohen Norden gefahren. Da wir ja eine viertägige Tour gebucht hatten, würden wir abends zurückkehren - alle anderen fahren schon weiter zum nächsten Stopp. Glück für uns, wir hätten auf keinen Fall einen Tag weniger durch die Berge cruisen wollen! ;-)
Unser Tagesausflug führte uns direkt zur chinesischen Grenze! Einmal ganz ganz nah bis fast direkt an den Zaun, anschließend zum nördlichsten Punkt Vietnams. Der komplette Gegensatz zum südlichsten Punkt Kontinental-Asiens vor drei Monaten in Singapur. ;-) Die Aussicht war wirklich der Hammer! Der Grenzzaun wurde wohl erst vor etwa vier Jahren gebaut und ist als feine Linie auf den Bergen gegenüber sichtbar. So nah an China kommen wir erstmal nicht mehr ran (es sei denn, man zählt den kommenden Zwischenstopp am Flughafen in Shanghai mit...).
Mit Fotostopps wurde definitiv nicht gegeizt und unsere drei neuen Freunde haben etliche Fotos von Holly und uns geschossen - wer soll die alle sortieren...? ;-)
Mittagessen gab's dann zurück im Hostel (wieder unverschämt lecker und natürlich viel zu viel), dann hatten wir noch Zeit für eine kleine Mittagsruhe.
Nachmittags sind wir dann wieder los zum Mã Pí Lèng Pass, der höchsten Stelle des Ha Giang Loop auf 1600 Metern Höhe! Schon vom Motorrad aus waren wir sprachlos, als sich dieser Ausblick vor uns eröffnete! Dazu noch die tiefste Schlucht Südostasiens namens Tu Sản und wir standen nur noch staunend am Straßenrand. Wir hatten die Wahl zwischen einer Bootsfahrt unten in der Schlucht oder einer Wanderung hoch oben auf dem Berg - die Wanderung hat gewonnen. ;-) Etwa 1,5 Stunden sind wir auf dem kleinen Pfad in luftiger Höhe gelaufen und haben unzählige Fotos geschossen - auch dank Chao, der jetzt richtig auftaute und sich als begeisterter Fotograf entpuppte. ;-) Die anderen beiden blieben zurück, Wandern war wohl nicht ihre liebste Beschäftigung. ;-) Umso überraschter waren wir dann, als wir ganz oben beim Aussichtspunkt ankamen und die beiden da grinsend mit ihren Maschinen auf uns gewartet haben - müssen wir doch nicht den ganzen Weg zurücklaufen! ;-) Die Fahrt nach unten war dann aber doch eher was für Adrenalinjunkies, so schmal wie der Pfad da wird... ;-)
Plötzlich verwandelte sich dann die Umgebung in eine richtige Mondlandschaft voller karger Felsen. Auf einen der Felsen konnte man sogar hochklettern - auf die Spitze haben wir uns aber nicht getraut. ;-)
Super glücklich sind wir zurück ins Hostel gefahren und haben uns das Abendessen schmecken lassen. Diesmal mit neuer Gesellschaft, denn die nächste 3-Tage-Tour war ja angekommen. Wir haben zwei super nette Südafrikaner kennengelernt und noch ziemlich lange geschnackt. :-)
Tag 230 - Bergwelten
Der nächste Tag begann, wie der letzte aufgehört hatte - mit einem netten Gespräch, diesmal allerdings mit Kanadiern. Wir haben uns total verquatscht und waren dann doch etwas spät dran. ;-)
Weiter ging's durch die Mondlandschaft, jetzt wieder mit Gepäck auf dem Motorrad. Hat den Vorteil, dass man sich am Rucksack anlehnen kann. ;-)
Wir hatten zwischendurch schon öfter einheimische Kinder am Straßenrand gesehen, die uns fröhlich winken oder sogar für ein High Five bereit stehen. Als wir aber an einer Schule vorbei fuhren und eine ganz Schar Kinder laut rufend und winkend zur Straße rannte, mussten wir dann wirklich alle ganz schön grinsen! :-)
Eine große und offenbar frisch gebaute Straße war dann der komplette Gegensatz zu den sonst von Schlaglöchern übersäten Straßen - obwohl der Slalom sonst auch Spaß macht! Immerhin habe ich hier aber die Höchstgeschwindigkeit der Tour erleben können - satte 72 km/h waren nötig, um den Rest der Gruppe wieder einzuholen. Huuuuuuuuui! ;-)

Unten im warmen Tal gab's dann Mittagessen und wir stellen fest: Bambus schmeckt nicht! Keine Ahnung, wie Pandas dieses bittere Zeug essen können...
Leider erst kurz vor dem Ende unsere Pause kamen dann unsere neuen Freunde dazu, die Kanadier und Südafrikaner. Naja, man trifft sich ja dann abends in Ruhe wieder.
Nachmittags wurden die Straßen wieder kleiner, die Ausblicke wieder krasser und die Fotos spektakulärer. An einem tollen Aussichtspunkt gab es unzählige Libellen. In Kambodscha haben wir sowas immer nur an ganz heiligen Orten in der Mitte eines Tempels gesehen.
Die nächste Nacht sollten wir dann nicht im Hostel, sondern in einem super gemütlichen Homestay in Du Già verbringen. Erstmal haben wir aber noch einen kleinen Ausflug zu einem nahegelegen Wasserfall gemacht. Klingt romantischer als es war, glich eher einem Party-Wasserfall, da dann alle Touren dorthin fahren. Wir haben aber lustigerweise die Deutsche wieder getroffen, mit der wir im Bus von Ninh Bình nach Cát Bà gefahren sind. Und ein weiteres Paar, das wir hundertprozentig schon mal gesehen haben, aber das könnte genauso gut in Thailand oder Kambodscha gewesen sein. Wir leben alle das gleiche Leben... ;-)

Eine Runde Karten mit Holly war noch drin, bevor wir uns alle zum Abschiedsdinner versammelt haben. Lecker Essen, viel Happy Water, gratis Bier für das Schreiben einer Rezension und vietnamesisches Karaoke - was will man mehr? :-) Wir sind dann spätabends noch eine Runde mit unseren südafrikanischen Freunden durch das Dorf gelaufen und wurden sogar noch auf einen Drink eingeladen. :-)
Tag 231 - Abschied vom Motorrad
Ganz schön müde (wer hätte es nach dem Abend anders erwartet) saßen wir dann alle zusammen beim Frühstück, aber immerhin mit Blick auf's Reisfeld. Und weil Samstag war, haben wir auch einen der berühmten Märkte in den Bergen erlebt. Hier treffen sich dann wirklich viele verschiedene Minderheiten und alle tragen ihre traditionellen Outfits - so schön bunt! :-)
Die Fahrt führte uns quer durch ein Tal, vorbei an Hanfplantagen. Die Pflanze wird hier aber tatsächlich zur Textilherstellung genutzt. ;-) Im Dorf kann man dabei sogar zuschauen und es gibt einen Laden mit unglaublich schönen bunten Andenken - da konnten wir nicht widerstehen! Zum Dank gab's sogar zwei kleine Geschenke von der Verkäuferin oben drauf. :-)
Das letzte gemeinsame Mittagessen machte uns alle schon etwas traurig... Immerhin waren wir zu einem richtig tollen Team zusammengewachsen!
Auf den letzten Kilometern waren wir dann wirklich etwas sentimental, auch wenn Rücken und Po schon allmählich keine Lust mehr auf Motorräder hatten. Die Tour endete quasi so, wie sie angefangen hatte: am Heaven Gate. Die Wolken hingen zwar wieder ziemlich tief, die Sicht war diesmal aber bedeutend besser!
Am Hostel haben wir uns dann von unseren Mitreisenden und Eric, Nhân und Chao verabschiedet. Im Lauf der Tage waren sie nicht nur Fahrer, sondern auch Fotografen, Animateure, Kellner und am Ende Freunde. :-)
Wir wollten anschließend noch zwei Tage in den Bergen in einem Homestay bleiben, um uns vom Loop zu erholen. Eigentlich wollten wir ein Taxi bestellen, um die zehn Minuten dorthin zu fahren. Kurzentschlossen haben Chao und Nhân aber unsere wirklich dicken Rucksäcke auf die Motoräder geschnallt und uns mitsamt unseres ganzen schweren Gepäcks dorthin gebracht. Super nett!!! :-)
Der Homestay entpuppte sich als kleine Oase an einem Bergfluss, mit einer lieben Familie und rustikalen Bungalows. Rustikal genug, als dass ich erst eine kleine Kakerlake an meinen Rücken und später im Rucksack hatte... Pfui...
Der Abschiedsschmerz saß noch tief und wir haben ein bisschen Ablenkung nötig gehabt. Wir sind also los zum nahegelegenen Wasserfall, diesmal ganz ohne Touristen. Auf dem Rückweg sind wir direkt in eine Herde Wasserbüffel gelaufen. :-)
Da wir die einzigen Gäste waren, konnten wir abends Im Homestay gemeinsam mit der Gastfamilie essen, ganz nett zusammen am Tisch. Dazu gab's eine Menge "Bia Hoi", ganz frisches leichtes Fassbier, das quasi tagesaktuell getrunken wird. :-)
Tag 232 - Ein Tag zum Ausbaumeln
Nach den vielen Eindrücken der vergangenen Tage war dann doch dringend eine Pause nötig! Die Erlebnisse wollen verarbeitet, die Fotos sortiert und die Gedanken geordnet werden. Und wo geht das besser als an einem rauschenden Bergfluss umgeben von grüner Natur? :-) Nach einer stärkenden Nudelsuppe zum Frühstück haben wir uns dann mit dem Laptop hingesetzt und wieder mal viel recherchiert. Es gibt gute und weniger gute Recherche- und Planungstage - an guten schafft man viel von der To-Do-Liste und ist zwar danach müde, schließt den Laptop aber mit einem Gefühl von "Jetzt haben wir einen Plan". Und die weniger guten enden eher mit einem "Uns geht so viel durch den Kopf und wir sind ganz schön überrollt von allem". Heute war definitiv einer der guten! :-)
Als kleine nette Geste gab's zwischendurch Reisküchlein und Tee von unserer lieben Gastfamilie. :-) Und ein Spaziergang zum Wasserfall am späten Nachmittag durfte auch heute nicht fehlen. Deutlich belebter, aber trotzdem schön! Auch die Wasserbüffel haben wir auf dem Rückweg wieder gesehen, waren aber ungefähr zwei Minuten zu spät, um gemeinsam mit ihnen nach Hause zu laufen. ;-)
Das abendliche Family Dinner konnte sich wieder sehen lassen! Bei mindestens der Hälfte der Gerichte wissen wir zwar nicht, was genau wir da gegessen haben, aber so bleibt das vietnamesische Essen wenigstens bis zum Schluss spannend. ;-)
Tag 233 - Tschüss Berge

Auch heute hatten wir nicht viel vor außer Karten zu spielen, Recherche und ein paar letzte Stunden in den grünen Bergen zu genießen. Leider war es eher einer der weniger guten Planungstage, die einen etwas ratlos und sehr müde zurücklassen. Aber auch die gehören zu Langzeitreisen eben einfach dazu, es ist nicht immer alles nur Zuckerwatte. ;-)
Nachmittags sind wir dann zurück nach Hà Giang gefahren und schließlich in den Bus nach Hanoi gestiegen. Die erwarteten schlimmen Bergstraßen blieben aus, tatsächlich rollte der gemütliche VIP-Van gemächlich innerhalb von sieben Stunden zurück in die Großstadt. Gegen 23:00 Uhr sind wir dann nur noch schnell ins schon bekannte Hostel und ab ins Bett.
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