Neues Leben
- Madeleine Schauer
- 1. Dez. 2023
- 6 Min. Lesezeit
Tag 94 - Aufbruch in ein neues Kapitel
Irgendwie ist es komisch, wenn auf einmal nicht mehr acht Leute im gleichen Raum schlafen, man gewöhnt sich doch sehr an das Hostelleben. So richtig gut geschlafen haben wir dann auch irgendwie nicht. Umso müder waren wir, als um 3:55 Uhr der Wecker geklingelt hat... Schnell alles zusammengepackt und raus auf die Straße, um ja nicht das Taxi zu verpassen. Wir sind eigentlich aufgrund der vielen schlechten Bewertungen von Cairns Taxi davon ausgegangen, dass wir entweder mindestens 15 Minuten warten müssen oder einfach gar kein Taxi kommt. Tatsächlich tauchte es drei Minuten zu früh auf und gerade mal zehn Minuten später waren wir schon am Flughafen.
Den Flug zurück nach Sydney haben wir mehr oder weniger verdöst. Die Stadt hat sich dann genauso präsentiert, wie wir sie vor über fünf Wochen verlassen haben: kühler, nass und bei weitem nicht so australisch wie alles, was wir danach gesehen haben. Eine kleine Erinnerungstour in der Stadt musste trotz des schweren Gepäcks sein, also einmal im WakeUp Hostel vorbeischauen, einen Burrito bei Taco Bell essen und endlich den Sugarcane Juice probieren, den wir schon ganz am Anfang kosten wollten. Tatsächlich wird der ganz frisch gepresst, indem einfach große Stücken Zuckerrohr durch eine Maschine geschoben werden. :-)
Nachdem wir ausreichend Zeit verdaddelt hatten, konnten wir endlich in unseren Zug steigen. Eigentlich ganz bequem, ein bisschen Retro (keinesfalls mit einem ICE zu vergleichen, eher mit dem Zug zwischen Chemnitz und Leipzig...). Der Service ist aber wirklich nett, man wird dort beim Vornamen genannt und kurz vor der Zielhaltestellte kommt extra jemand vorbei und weist darauf hin, dass man sich schon mal fertig machen kann. :-)
Da sind wir also nach 15 Stunden Anreise endlich in Taree angekommen! :-) Das kleine Örtchen liegt irgendwo nördlich von Sydney und hat wahrscheinlich selbst im Hellen keine wahnsinnig spannenden Dinge zu bieten. ;-) Wir haben dafür Pascale kennengelernt, Farmbesitzerin und unsere Gastgeberin für die nächsten Wochen. Wir werden bis Anfang des nächsten Jahres hier im australischen Hinterland leben, Pascale auf der Farm unterstützen und bekommen dafür Unterkunft und Verpflegung gestellt. Da wir kein Geld verdienen dürfen, ist das die beste Möglichkeit, länger in Australien zu bleiben und eine ganz andere Seite des Landes kennenzulernen als die Zivilisation an der Ostküste. Das ganze nennt man WWOOF - Worldwide Opportunities on Organic Farms. Anders als bei der klassischen Farmarbeit beim Work&Travel sind das oft kleinere, private Bio-Farmen, die viel Wert auf gemeinsame Zeit und Austausch legen und nicht nur auf die Arbeitskraft. Mit uns auf der Farm lebt Tim, Franzose und ebenfalls Freiwilliger.
Über eine Stunde nächtlicher kurvenreicher Straße mussten wir auf dem Weg nach Elands noch hinter uns bringen. Wir sind so weit im Hinterland, dass es nicht mal asphaltierte Straßen gibt, nur roten Dreck. Die Fahrt war aber total nett, um sich und die Umgebung ein bisschen kennenzulernen.
Abends haben wir nur noch gemeinsam gegessen und auf unser Kennenlernen angestoßen. Es gibt hier eigentlich nur eine einzige Hausregel: Cola wird nie pur, sondern nur mit Bourbon Whiskey getrunken. ;-)
Tag 95 - Den Traum leben
Endlich konnten wir mal richtig ausschlafen! Es ist draußen ruhig, das Bett gemütlich und niemand packt schon frühmorgens im Zimmer seine Tasche! ;-)
Da wir jetzt nicht mehr für unser Essen zahlen müssen, können wir uns endlich wieder richtig satt essen. :-) Australier lieben wohl "Crumpets" zum Frühstück. Auf der einen Seite sehen sie aus wie Pancakes, auf der anderen haben sie Löcher, damit der Belag besser haftet. Gefällt uns! :-)
Nach dem faulen Morgen hat uns Pascale die Schweine und einige Pferde gezeigt. Da gibt es definitiv viel zu lernen und viel zu tun! Die Farm ist noch ganz jung, deswegen gibt es ganz viele kleine Baustellen und Projekte, die demnächst umgesetzt werden sollen.
Mit dem Quad über das Feld, vorbei an Pferden, verfolgt von drei kleinen Chihuahuas, was will man mehr...? :-) Ich habe so viele Australien-Romane über die ersten Siedler und ihre Farmen in New South Wales gelesen und jetzt sind wir einfach genau da, Wahnsinn! :-)
Mit leisem Grollen hatte sich mittags schon ein Unwetter angekündigt. Anstatt sich zu verkriechen, hat uns Pascale schnell alle eingesammelt, damit wir noch eine halbe Stunde im nahegelegenen Wasserloch "The Rapids" planschen können. Es gibt dort eine ähnliche Steinrutsche wie in den Atherton Tablelands, ein Seil zum Reinspringen und viel Platz zum Rumliegen. Die schwarzen Steine heizen sich schnell auf, sodass man immer schön warm liegt, aber die Füße im kalten Wasser baumeln... :-)
Pünktlich nach einer halben Stunde kamen die ersten Tropfen und wir sind zurück nach Hause. Wir saßen beide noch eine Weile auf dem Boden der Veranda und haben uns mit den Chihuahuas (es gibt mindestens sechs) und Katzen (vier) angefreundet. :-) Mittlerweile fiel der Regen prasselnd vom Himmel. Da saßen wir nun Sandwiches mümmelnd mit lauter Musik im Farmhaus und haben dem Unwetter zugeschaut. Zwischendurch hat sich sogar kurz ein Regenbogen gezeigt. :-)
Tag 96 - Neue Fähigkeiten
Unser erster richtiger Arbeitstag ohne Regen hatte es definitiv in sich!
Schon als Kind hab ich mich gefragt, wie man wohl Kühe melkt. So als Stadtkind ergibt sich die Gelegenheit ja generell selten, aber mit unserer geduldigen Milchkuh Sayo hier ist das natürlich was anderes. Wenn sie gemütlich ihr Futter mampft, kann man ganz in Ruhe melken - zwei ganze Flaschen frischste Kuhmilch haben wir bekommen! :-) Kühe melken - Check!
Da das Farmgelände ziemlich weitläufig ist, nutzt Pascale zur Fortbewegung vor allem ein Quad. Die drei kleinen Chihuahuas Honey, Bella und Snowball - wir nennen sie auch heilige Dreifaltigkeit - folgen einem dabei wirklich auf Schritt und Tritt und sind nie weit weg. Irgendwann sind die kleinen Füßchen aber doch mal müde und dann springen sie einfach aufs Quad und sitzen eingekuschelt auf dem Schoß der Mitfahrer... ;-)
Zur Farm gehören natürlich nicht nur Tiere, sondern auch Maschinen. Der große Traktor war vor Kurzem im Einsatz und voller Schlamm. Da haben wir uns direkt mit dem Hochdruckreiniger drauf gestürzt. Das hat mir so großen Spaß gemacht, dass ich gleich hinterher noch Pascales weißen Jeep sauber gemacht hab. ;-) Große Maschinen kärchern - Check!
Da Pascale hier erst seit einigen Monaten lebt, herrscht an manchen Stellen noch großes Chaos, z.B. in den großen Werkstattschuppen. Wir haben Holz wieder schön aufgeschichtet (der Muskelkater sitzt tief, kann ich sagen...), ewig nach Regalteilen gesucht, Teile final gefunden und Regale aufgebaut. Und weil wir noch nicht genug gebaut hatten, haben wir noch den neuen schicken Zaun für den Hühnerstall aufgestellt. Zaun bauen - Check!
Zweitausend Metallklammern am Zaun später kam die abendliche Abkühlung im Wasserloch gerade recht. Diesmal haben wir uns sogar mit einem Sprung ins Wasser geschmissen. ;-) Die therapeutische Wärme der Steine ist nach einem langen Arbeitstag auf jeden Fall sehr willkommen! Nur der Weg wieder zurück ist schwierig und glatt, muss man doch über die nassen Steine und kleinen Wasserfälle steigen. Und auf einmal macht es hinter mir "Platsch" und Marvin ist - gerade frisch getrocknet - den ganzen Weg nach unten ins Wasser geschlittert... ;-)
Tag 97 - Freche Tiere
Gestern Abend sind zwei Pferde von der Weide in den Garten gezogen, um dort den Rasen zu "mähen". Das die aber die ganze Nacht mit dem Hengst auf der anderen Straßenseite schnacken müssen, kann ja keiner ahnen. So ein Pferd direkt vor dem Fenster kann einen lange wach halten, kann ich sagen...
Morgens waren wir auf uns selbst gestellt, da Pascale für eine anstehende Renovierung gleich frühmorgens den weiten Weg in die Stadt auf sich genommen hat. Meine Chance, auch mal aufs Quad zu steigen. Was soll ich sagen: Quad fahren - Check! ;-)
Da sind wir also ganz entschlossen zur Milchkuh losgezogen, um zu melken. Wir haben nur nicht mit der Entschlossenheit des Kalbes Daisy gerechnet (das nicht mal Sayos Kalb ist...), das sich mit durchs Tor geschmuggelt hatte und uns die ganze Milch weggesoffen hat... Und als ob das nicht gereicht hätten, haben sich beide auf dem Weg zurück auf die Weide dumm gestellt und wir saßen bestimmt eine halbe Stunde dort rum und haben auf die Herrschaften gewartet... Aber Sayo liebt das Quad, mit dem kann man sie sowohl von als auch auf die Weide locken. ;-)
Den restlichen Tag haben wir recht faul auf der Wiese verbracht. Kaum legt man sein Handtuch hin und macht es sich gemütlich, kommen da wieder zwei kleine Hunde und der Kater Jerry angestrolcht und wollen gekuschelt werden. Zwischendurch haben wir trotzdem erfolgreich ein bisschen Reiseplanung betrieben.
Es wird wohl zur Tradition: Nachmittags baden in The Rapids. Wir sind ein bisschen weiter hoch gestiegen, um mehr von den Felsen zu sehen. Und haben prompt eine Schlange gefunden, die auch noch schwimmen kann... Die "Rotbäuchige Schwarzotter" ist aber wohl beißfaul - sagt Wikipedia...
Abends waren wir mal mit Kochen dran, es hat allen sehr gut geschmeckt! ;-)
Die erste Weihnachtsdeko hängt jetzt auch am und im Haus, bunte LED-Ketten wie man sie aus den USA kennt. Und wir haben zwei Adventskalender!! :-)
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